Gestern waren die Kopfhörer noch für 59,99 € zu haben, aber heute liegt der Preis bei 75,99 €. Dein Wunschhotel für den Sommerurlaub ist auch um 15% teurer geworden, dafür ist das Flugticket immerhin um 8% günstiger geworden.

Was auf den ersten Blick verwirrend ist, nennt sich Dynamic Pricing. Wir erklären, wie und wo die automatische Preisanpassung eingesetzt wird, welche Vorteile es bietet und warum Dynamic Pricing für E-Commerce Unternehmen so viel Potenzial birgt.

Was ist Dynamic Pricing?

Das Prinzip des Dynamic Pricings liegt in der Anpassung des Verkaufspreises an die aktuelle Marktsituation. Hierbei wird auch von Demand Pricing gesprochen. In der Hotel- oder Mobilitätsbranche spricht man von Yield oder Revenue Management.

Ist die Nachfrage hoch und das Angebot gering oder limitiert, kann der Preis problemlos erhöht werden. Aus diesem Grund sind zum Beispiel Flugtickets oder Hotelzimmer für morgen Abend in der Regel teurer als mit zwei Monaten Vorlaufzeit.

Stagniert allerdings die Nachfrage und ist das Angebot hoch, versuchen die Unternehmen, das Produkt mit günstigeren Preisen, Gutscheinen oder Mengenrabatten attraktiver zu machen. So soll der Verkauf angekurbelt werden.

Dynamic Pricing ist also im Prinzip eine bewusste, automatische Preisanpassung an die Marktgegebenheiten durch die Verkäufer. Ziel ist es immer, die Zahlungsbereitschaft der Kunden je nach Kundengruppe und Marktsegment zu maximieren. So kannst du die Umsatzpotenziale optimal ausschöpfen. Besonders intensiv wird in der Hotel- und Reisebranche mit dynamischen Preisen gearbeitet.

Übrigens: Dynamic Pricing findet auch im Versicherungsbereich Anwendung. Hier erhalten Kunden je nach Versicherungsart und Risikoprofil auf Basis von Alter, Wohnort oder Beruf andere Preise.

Käufer erkennen Dynamic Pricing meist nicht

Größter Anwender des Dynamic Pricing-Prinzips ist Plattform Gigant Amazon, der seine Preise in Echtzeit ändern kann. Mittlerweile wird die automatische Preisanpassung anderen Sellern auf dem Marktplatz sogar als Service angeboten, damit auch deren Preise in Echtzeit an die Konkurrenz angepasst werden können. 

So können Preise beispielsweise anhand folgender Datenpunkte ändern:

  • Persönliche Interessen & Verhalten (Hobbys, Kaufhistorie, Zubehör für Artikel im Warenkorb, Farbpräferenzen, vorherige Suchen im Shop uvm.) 

  • Uhrzeit oder Jahreszeit (Saisonale Produkte bei hoher Nachfrage teurer)

  • Wohnort oder Standort (Viertel mit hoher Kaufkraft, urban oder ländlich etc.)

  • Gerät (Smartphone, Desktop, Tablet, Apple vs. Android etc.) 

Wer das ganze einmal ausprobieren möchte, kann sich bei der Verbraucherzentrale einen fiktiven Onlineshop mit verschiedenen Profilen ansehen.

Das Dynamic Pricing Prinzip nutzen bereits einige E-Commerce Unternehmen sehr erfolgreich. Allerdings ist es dabei essentiell, sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen zu halten!

Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten bei unzähligen Anbietern erfreuen sich auch Preissuchmaschinen wie idealo großer Beliebtheit. Hier lassen sich teils sogar Trends und historische Preisinformationen ablesen.

Automatische Preisanpassung je nach Kundengruppe

Dynamic Pricing ist also nichts anderes als der Verkauf des gleichen Produktes beziehungsweise der gleichen Dienstleistung durch einen Anbieter zu unterschiedlichen Preisen.

So kann es vorkommen, dass Waren auf regional abgegrenzten Märkten zu verschiedenen Preisen verkauft werden, zum Beispiel je nach regionaler Marktabdeckung durch Wettbewerber. Vielfach findet zudem eine zielgruppenorientierte Preisdifferenzierung statt.

Verkäufer können auch z.B. zwischen A-, B- und C-Kunden differenzieren. Manche Systeme erkennen bereits, mit welchem Gerät auf den Onlineshop zugegriffen wird und wägen so die Kaufkraft des Kunden ab.

Apple Kunden gelten als kaufkräftiger

Besitzer von Macbooks, iPhones und iPads gelten zwar allgemein als kaufkräftiger als Online-Kunden, die über Computer, Android-Tablets oder Android-Smartphones mit anderen Betriebssystemen shoppen. Allerdings gab es dafür laut einer Studie im Auftrag des Bundesjustizministeriums in Deutschland bisher keine Belege. Gleiches gilt übrigens für die Nutzung von personalisierten oder individualisierten Preisen.

Dynamic Pricing im Sport

Das Konzept hat außerdem seinen Weg in die Sportwelt gefunden. Besonders in der amerikanischen Major League ist es weit verbreitet. Ein Großteil der Baseball-Clubs setzt auf Dynamic Pricing, um ihre Stadien zu füllen.

Bei gutem Wetter, Spielen am Wochenende oder guten Siegchancen der Heimmannschaft steigen die Ticketpreise. Wenn das Spiel dagegen nicht ausverkauft ist, werden die Preise gesenkt. Man setzt also auf das aus dem Hotel und Reisebereich bekannte Muster.

Auch im B2B E-Commerce ist Dynamic Pricing möglich

Nicht nur bei Verkauf an Endkunden ist eine datenbasierte, automatische Preisanpassung möglich und sinnvoll, sondern auch im B2B E-Commerce. Denn auch Unternehmen wie Automobilzuliefer, Werkzeug- oder Ersatzteile-Händler oder Hersteller können hiervon immens profitieren. 

Folgende Use Cases gibt es für Dynamic Pricing im B2B Commerce beispielsweise:

  1. Anpassung der Listenpreise

  2. Optimierung der Rabatte

  3. Optimierung der Promotions

  4. Preisoptimierung auf Marktplätzen

Wenn du mehr über die Mythen und Möglichkeiten rund um das Dynamic Pricing im B2B Kontext erfahren möchtest, empfehlen wir dir diesen Artikel von BCG.

Dynamic Pricing Vorteile sind zahlreich

Vorteile für den Händler gibt es viele. Dazu gehören u.a.: 

  • größeres Umsatzpotenzial 

  • höhere Verkaufsmargen

  • Lagerware schneller abverkaufen

  • flexible Reaktion auf Konkurrenzangebote oder Angebotstage 

Insbesondere im harten E-Commerce Wettbewerb bietet Dynamic Pricing einen Wettbewerbsvorteil. Nicht nur regulären Preiswettbewerb, sondern auch, wenn Produkte beim Konkurrenten vergriffen sind.

Senkt die Konkurrenz den Preis, kann der Händler den eigenen Preis anpassen, um für eine bessere Preiswahrnehmung beim Kunden zu sorgen – ist die Ware beim Konkurrenten jedoch ausverkauft, können Unternehmen bessere Preise durchsetzen. Grund hierfür ist die vorhandene Nachfrage nach dem Produkt. Der Kunde wird kaufen, sofern er auf das Produkt angewiesen ist oder er es sofort haben möchte.

Automatische Preisanpassung auch stationär möglich?

Mittels elektronischer Preisschilder können die Preise auch im stationären Handel dynamisch geändert und automatisch angepasst werden. Mittlerweile setzt beispielsweise MediaMarktSaturn so in über 1.000 Stores mit über 10 Millionen elektronischen Preisschildern in Europa auch auf dynamisches Pricing.

Basis hierfür ist ebenfalls ein komplexes Setup aus Middleware und verschiedenen PIM-Systemen in den Ländergesellschaften.

Empfehlung: Mit Dynamic Pricing Rentabilität verbessern

Wer mithilfe automatischer Preisanpassung in der Lage ist, seine Ware zum bestmöglichen Preis zu verkaufen, hat einen Wettbewerbsvorteil. Das ganze wirkt sich bei richtiger Aussteuerung auch unmittelbar auf die Rentabilität des Geschäfts aus.

Dynamic Pricing ist allerdings auch komplex. Denn die Preise müssen durch die Unterstützung von performanten Systemen und auf Basis guter Daten gebildet und ausgespielt werden. Einem hochmodernen Composable Commerce Setup unterstützt solche ambitionierten Initiativen.

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Big Data wird das Thema automatische Preisanpassung in nächster Zeit sicherlich eine noch deutlich stärkere Dynamik bekommen.